Stellen Sie sich vor, Sie wohnen in einem sehr schmucklosen Neuköllner Mietshaus in einer kleinen Dreizimmerwohnung. Die Gegend ist größtenteils ärmlich, man sieht es in den Straßen. Der Sperrmüll türmt sich, am S-Bahnhof wird Heroin geraucht und die Obdachlosen versuchen der kalten Nacht in den Kellern der umliegenden Häuser zu entgehen. Der Hinterhof Ihres Hauses besteht aus einem schmalen Streifen Rasen, die Mülltonnen quellen über und die Fahrräder rosten vor sich hin. Stellen Sie sich vor, Ihr Vermieter will dafür 12 Euro Miete netto kalt pro Quadratmeter. Den winzigen Kellerverschlag sollen Sie außerdem zusätzlich vergüten.
Amtsgericht Neukölln: maximal 6,50 Euro sind rechtens
Mit diesem Hintergrund kam letztens eine Frau zu mir. Sie hatte ihren Vermieter mit einem Schreiben bereits aufgefordert, die Höhe der Miete mit Rücksicht auf die Mietpreisbremse zu überprüfen (vgl. diese Musterschreiben der Berliner Mietergemeinschaft e.V. für Mietverträge der Jahre 2015-2018 und ab 2019). Doch der lies nichts von sich hören. So reichte ich im Namen der Mandantin eine Klage beim Amtsgericht Neukölln ein. So eine Klage war vor einigen Jahren noch ein Wagnis. Denn damals war höchstrichterlich nicht geklärt, ob die Mietpreisbremse verfassungsmäßig und die Berliner Rechtsverordnung dazu rechtmäßig ergangen ist. Das ist mittlerweile entschieden; beide Regelungen wurden bestätigt (Mietpreisbremse, Berliner Rechtsverordnung). So ist eine Klage auf Senkung der Miete wegen der Mietpreisbremse heute keine große Sache mehr und ich kann jeden nur ermutigen, diesen Schritt zu gehen. Im hier angesprochenen Fall meiner Mandantin urteilte das Amtsgericht Neukölln, dass die Nettokaltmiete pro Quadratmeter höchstens 6,50 Euro betragen darf. Meine Mandantin spart also die Hälfte ihrer Kaltmiete ein.
Mietpreisbremse vs. Mietendeckel
Lohnt sich überhaupt noch eine Mietpreisbremsen-Klage, wo es doch jetzt den Mietendeckel gibt? Es kommt darauf an. Der Mietendeckel gilt nur im Land Berlin, die Mietpreisbremse im ganzen Bundesgebiet. Letztere gilt dafür nur für Mietverträge ab dem 01. Juni 2015, der Mietendeckel hat diese Beschränkung nicht. Wo die größere Mietensenkung drin ist, lässt sich nicht von vorneherein sagen, sondern ist von den Umständen des Einzelfalles (Lage, Ausstattung der Wohnung) abhängig. Zuletzt, aber sehr wichtig: Anders als die Mietpreisbremse ist der Mietendeckel noch rechtlich umstritten. Falls er vom Bundesverfassungsgericht gekippt wird, muss ggf. die gesamte eingesparte Miete rückwirkend nachgezahlt werden. Das ist bei der Mietpreisbremse nicht der Fall!