Darf ich ein Katzennetz am Balkon anbringen?

Foto: Aidana Khabdesh

Muss ich die Zustimmung vom Vermieter einholen, um ein Katzennetz an meinem Balkon anzubringen? Was passiert, wenn mir die Zustimmung verweigert wird? Das Urteil zur Frage, die viele Mietende in Großstädten wie Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt oder München umtreibt.

Tierhaltung in der Wohnung – besser mit Balkon

Hund, Katze, Wellensittich – so einige Haustiere tummeln sich mitunter in deutschen Wohnungen. Während Kleintiere, Fische und Reptilien für gewöhnlich in Käfigen/Terrarien wohnen, laufen Hund und Katze, die mit Abstand beliebtesten Haustiere, frei in der Wohnung herum. Hunde werden zum Spaziergang um den Block oder in den Stadtpark mitgenommen, doch Großstadtkatzen hüten in der Regel die Wohnung. Wer als Wohnungsmieter*in einen Balkon hat, kann die Stubentiger wenigstens dort an die frische Luft und die Sonne setzen. Doch wenn die Katze etwas mehr ihrer Freiheit genießen möchte und unvermittelt einen Ausflug auf die Straße macht, droht Gefahr durch den Straßenverkehr.

Sind Katzennetze am Balkon erlaubt?

Eine Mieterin wollte zum Schutz ihres Lieblings ein Katzennetz am Balkon anbringen. Der Vermieter verweigerte jedoch die Zustimmung. Er sah die Optik seiner Hausfassade „verschandelt“. Dahinter steckte natürlich auch ein wirtschaftliches Interesse. Die Optik von Gebäuden hat Einfluss auf den Grundstückswert. Die Mieterin pochte jedoch auf ihr Recht und reichte eine Klage ein. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg urteilte in ihrem Sinne (Urteil vom 24.09.2020, Az. 18 C 336/19). Der Vermieter muss das Katzennetz dulden.

Zu Gunsten der Mieterin und ihrer Mieze sprach, dass auch auf anderen Balkonen desselben Hauses ebenfalls Katzennetze angebracht worden waren, die der Vermieter jedenfalls duldete. So konnte seinem Einwand bezüglich der Fassadenoptik nicht mehr viel Gewicht zukommen. Fraglich bleibt damit allerdings, ob dieses Urteil auch für andere Fälle gilt, insbesondere wenn Wohnungsnachbar*innen an ihren Balkonen keine Netze angebracht haben. Es spricht jedenfalls vieles dafür, dass die Entscheidung des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg verallgemeinerbar ist. Denn das Gericht führt zudem an, dass der Zutritt zum Balkon der artgerechten Haltung einer Katze förderlich ist. Und das gilt nun einmal in jeden Fall.

Lieber sicher: Ein Katzennetz am Balkon schützt die Nerven von allen Mitbewohner*innen
Lieber sicher: Ein Katzennetz am Balkon schützt die Nerven von allen Mitbewohner*innen – Foto: Melanie Andersen

Was allgemein auf Balkonen erlaubt bzw. verboten ist

Wieso kann sich überhaupt eine Vermieterin herausnehmen, den Mietern Vorschriften zur Nutzung und Gestaltung ihres Balkons zu machen? Und wie ist die Rechtslage im Einzelnen hinsichtlich von Dekorationsobjekten, Blumenkästen, Schildern/Fahnen, Solarzellen, Satellitenschüsseln, Taubenfallen etc.? Die erste Frage lässt sich damit erklären, dass die Vermieterin nur die Wohnung vermietet – und die endet mit der Wand. Die Fassade ist deshalb weiterhin der Vermieterin zugeordnet. Diese darf mit ihrem Eigentum „nach Belieben verfahren“ (§ 903 BGB) und damit auch das Aussehen bestimmen. Hinzu kommt, dass Vertragspartner – also auch Mieterin und Vermieterin – einander zu gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet sind (§ 241 Abs. 2 BGB). Es ist deshalb gängige Praxis, dass Mieter*innen per Klausel im Mietvertrag verboten wird, eine Satellitenschüssel auf dem Balkon aufzustellen. Auch der Hausfrieden kann eine Rolle spielen.

Zur zweiten Frage; die folgenden Dinge sollten erlaubt sein:

  • Wäscheständer (AG Euskirchen, Entcheidung vom 11.01.1995, Az. 13 C 663/94)
  • Blumenkästen (mit entsprechender Sicherung, vgl. LG Berlin, Urteil vom 3.7.2012, Az. 65 S 40/12)
  • Möblierung
  • Sichtschutz bis zur Höhe der Brüstung
  • Sonnenschirm
  • kleine Solaranlagen (eine Anzeige an den Vermieter ist aber notwendig)
  • maßvolle Dekoration, auch Lichterketten

Schwieriger wird es bei Katzen- bzw. Taubennetzen (s.o.), Schildern/Transparenten/Fahnen und Satellitenschüsseln. Doch keine Angst. Sie müssen Ihren Vermieter nicht wegen jedem Kinkerlitzchen um Erlaubnis fragen. In der Regel muss er Sie zunächst abmahnen und Sie damit auffordern, das neue DIY-Windrad oder die Plastikkrähe abzumontieren. Sie können dann entsprechend reagieren und müssen keine Kündigung fürchten.

Eigenbedarfskündigung für Au-pair

Eigenbedarf für die Au-pair des Vermieters wichtiger als das Interesse einer Schwerbehinderten, die in der Mietwohnung lebt? Was sagt das Amtsgericht München?

Wenn es um Eigenbedarf geht, sind unsere Gerichte leider zunehmend mieterunfreundlich. Das Interesse des Eigentümers an der Nutzung seiner Wohnung wird praktisch höher gehalten als das des in der Wohnung lebenden Mieters an einem Obdach. Nicht umsonst gibt es bereits Vorstöße aus der Politik, die Umwandlung in Eigentumswohnungen einzuschränken.

In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht ist aber eigentlich vorgesehen, dass sowohl das Interesse des Vermieters an der Nutzung seiner Immobilie als auch das Interesse des Mieters an einem Obdach jeweils Verfassungsrang gem. Art. 14 Grundgesetz haben. Dies wurde zuletzt erst beim Deutschen Mietgerichtstag in einem Vortrag 2020 diskutiert (PDF).

Das Amtsgericht München musste dem Fass den Boden ausschlagen und sah den Eigenbedarf an einer Wohnung für ein Au-pair als wichtiger an als das Interesse einer Schwerbehinderten, die dort (noch) lebt. Dazu gleich mehr. Vorab ein paar Hinweise zum Eigenbedarf selbst.

Eigenbedarf – Das schärfste Schwert des Vermieters

Der Eigenbedarf ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in § 573 BGB. Dort heißt es:

Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn[…] der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt.

Wohl gemerkt: Der Mieter hat darauf gar keinen Einfluss. er muss sich nicht einmal vertragsuntreu verhalten haben. Er kann vertragstreu seine Miete seit Jahren, sogar Jahrzehnten zahlen. Und trotzdem rausgeworfen werden.

Ein paar kritische Anmerkungen zum Abschluss lassen sich in diesem Video finden.

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Zumal der Eigenbedarf im Gesetz ziemlich weit definiert wird. Nicht nur für den Vermieter kann die Wohnung als Nutzobjekt in Betracht kommen, sondern auch für Familien- und Haushalts(!)angehörige.

Ein Au-pair ist nämlich regelmäßig gerade keine Familiengehörige. Wie entschied das Amtsgericht München nun?

Amtsgericht München: Eigenbedarf bei Au-pair – „Passt scho“

Es entschied – wohl kaum anders zu erwarten im Freistaat – gegen die Mieterin.

Der Vermieter hat zwei Wohnungen. Eine für seine Familie mit drei Kindern. Zwei gehen zur Grundschule, eines ist ein Jahr alt. Die zweite Wohnung ist wohl wenige Gehminuten von der eigens genutzten Wohnung entfernt. Dort wohnt die schwerbehinderte Mieterin.

Da die Ehefrau wieder arbeiten wolle, müsse die Kinderbetreuung sichergestellt werden. Dies solle mit einem Au-pair geschehen. Da dieses nicht in der eigens genutzten Wohnung Platz finden würde, wäre die vermietete Wohnung ideal. Daher sprach der Vermieter die Eigenbedarfskündigung aus.

Die Mieterin wehrte sich standhaft. Zum Einen sei sie schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60. Dieser Grad der Behinderung rührt auch von einem mittelgradig depressiven Syndrom, welches sich durch einen Wohnungswechsel verschlimmern wird. Da das eine Kind der Vermieter erst 1 Jahr alt ist, muss es noch kein eigenes Zimmer haben. Dort kann das Au-pair dann leben. Ein konkretes Au-pair schien es zudem noch nicht einmal zu geben. Als Bezieherung von Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) ist ihr zudem der Wohnungsmarkt verschlossen und sie findet keinen Ersatzwohnraum.

Herzlos übergang das Amtsgericht München in seinem Urteil vom 12.01.2021 (AZ: 473 C 11647/20) die Argumente der Mieterin. Es sah kein Problem darin, dass auch das kleine Kind ein eigenes Zimmer haben muss – das sei Sache des Vermieters, wie er die Räume aufteile.

Der Schwerbehinderung ging das Gericht nicht weiter in einem Sachverständigengutachten nach und angeblich habe die Mieterin auch nicht ausreichend Bemühungen für eine Wohnungssuche vorgetragen. Zynisch ist dann das im Bericht angeführte Argument:

Die Beklagte habe fast ausschließlich nur im zentralsten Innenstadtbereich und nur in besonders beliebten Vierteln nach Ersatzwohnraum gesucht und so nicht nachgewiesen, alles Erforderliche und Zumutbare zur Erlangung einer Ersatzwohnung unternommen zu haben.

Merke: Wer arm ist in München und sich dort in der City eingelebt hat, kann auch an den Stadtrand, egal, ob er oder sie aus dem Heimatkiez herausgerissen wird oder nicht. Wo kommen wir denn hin, wenn alle „Hartzis“ in Schwabing leben?

Was tun bei Kündigung gegen Eigenbedarf?

Wenn Sie eine Kündigung wegen Eigenbedarfs haben, kann man nicht viel raten. Wie im Video dargelegt, sollten Sie sich so schnell wie möglich beraten lassen und jeglichen Kontakt zum Vermieter meiden. Das ist jetzt ihr Feind.

Wenn Sie den Eindruck haben, dass der Eigenbedarf vorgetäuscht ist, sammeln Sie Beweise. Prüfen Sie, ob der Vermieter weitere Wohnungen hat, die leer stehen oder während der Kündigungsfrist frei werden. Diese muss er vorrangig für den Eigenbedarf nutzen.

Haben Sie etwa um Mangelbeseitigung oder Mietminderung gebeten? Oder versucht, die Mietpreisbremse zu ziehen? Gerade in diesen Fällen versuchen Vermieter, ihre „bösen“ Mieter loszuwerden.

Wir können es nicht oft genug wiederholen: Bei Eigenbedarf kein Gespräch mit dem Vermieter suchenKopf in den Sand, totstellen, beraten lassen.

Das Urteil vom Amtsgericht München ist noch nicht rechtskräftig. Wir halten Sie auf dem Laufenden.